Anseilen am Gletscher
Während es für den Seilgebrauch auf Gletschern für den Sommer, wo man zu Fuß unterwegs ist, eine eindeutige Lehrmeinung des
OEAV gibt (
Lehrmeinung Sommer), ist dies für hochalpine Schitouren nicht der Fall.
Auf dieser Seite werden daher einige Empfehlungen wiedergegeben, die das Restrisiko reduzieren und uns somit das Leben
auf dem Gletscher erleichtern.
Abbildung: Aufstieg zum Silvrettahorn über den Ochsentaler Gletscher.
Standardmaßnahmen (SOP)
Die Standardmaßnahmen (Standard Operation Procedures - SOP) sind sowohl im Sommer wie auch im Winter bei der Begehung bzw. Befahrung von vergletschertem Gelände
unbedingt einzuhalten:
- Anseilgurte spätestens vor dem ersten Betreten des Gletschers anlegen
- Sicherheitsabstände einhalten:
- Im Aufstieg und bei Sammelpunkten mind. 5 m
- Bei der Abfahrt mind. 30 m
- Defensive Fahrweise (z.B. im Bereich der Aufstiegsspur abfahren)
- In kritischen Passagen Spurfahren bzw. Spurgehen
- Auf Gletschern keinesfalls nebeneinander gehen oder fahren
- Auf- und Abfellen bei jedem Schi getrennt durchführen (das heißt, ein Ski ist immer angeschnallt)
- Handy und / oder Funkgerät immer mitführen, um rasch Hilfe herbeiholen zu können
Lehrmeinung für den Sommer
Im Sommer, wenn man ohne Ski unterwegs ist, gibt es eine eindeutige Lehrmeinung des Österreichischen Alpenvereins:
- Auf Gletschern mit Schnee- oder Firnauflage ist anzuseilen!
- Auf das Seil kann verzichtet werden, wenn der Gletscher aper ist!
Abbildung: Abstieg vom Ortler über den Oberen Ortlerferner.
Empfehlungen für den Seilgebrauch auf Skihochtouren
Wie schon erwähnt, gibt es für den Seilgebrauch auf Schihochtouren keine allgemein gültige Lehrmeinung. Am besten wäre es natürlich, immer angeseilt unterwegs zu sein, doch wer fährt schon gerne am Seil ab und verzichtet auf den Abfahrtsgenuss?
Die im Folgenden erwähnten Empfehlungen zum Seilgebrauch tragen zu einer Reduktion des immer vorhandenen Restrisikos bei.
Anzuseilen ist:
- Bei schlechter Sicht (diffuses Licht, Nebel, Schneefall)
- In Gletscherbrüchen
- Auf rasch fließenden und bekannt gefährlichen Gletschern
- Auf unbekannten Gletschern
- Nach Neuschneefällen (vor allem unter Windeinwirkung)
- Bei starker Durchfeuchtung der Schneedecke (vor allem im Frühjahr nachmittags)
- Bei akutem Schneemangel (im Frühwinter bzw. bei starker Erosion der Schneedecke durch Wind)
- Im Zweifelsfall, wenn man sich nicht sicher ist
Übrigens:
Auch im Sommer lassen sich einige der oben aufgezählten Empfehlungen für den Seilgebrauch anwenden
(schlechte Sicht, Zweifelsfall, ...).
Abbildung: Üben der Spaltenbergungstechniken in der Nähe der Oberwalderhütte.
Richtige Anseiltechnik
- Angeseilt wird mittels Achterschlinge und Karabiner mit Verschlusssicherung (Schraubkarabiner, kein Twist-Lock-Karabiner)
- Abstände zwischen den Seilpartnern:
- 2-er Seilschaft: 12 m
- 3-er Seilschaft: 10 m
- 4-er Seilschaft oder größer: 8 m
- Bei der 2-er und 3-er Seilschaft sind zusätzlich zwischen jeweils 2 Seilpartnern 3 kurze Sackstichschlingen als Bremsknoten anzubringen (ein Knoten in der Mitte, die anderen beiden jeweils 1,5 m davon entfernt)
- Max. 7 Personen an einem 50 m Einfach- oder Halbseil
- Die Rettungstechniken (organisierter Mannschaftszug, Prusik- und Münchhausentechnik) müssen beherrscht werden
- Besteht beim gemeinsamen Gehen am Seil Absturz- bzw. Mitreißgefahr (z.B. bei steilen Flanken), so muss an Fixpunkten (T-Anker oder Toter Mann, Steckpickel, Eisschraube,...) gesichert werden
Abbildung: Über das Bockkarkees zum Eiswandbichl, Großglockner.
Literatur
- W. Würtl, Verborgene Gefahr! Risiko Spaltensturz bei Schichochtouren, Alpenvereinszeitschrift 1/04, Österreichischer Alpenverein.
- R. Purtscheller, Risiko Spaltensturz auf Schi-Hochtouren - Tipps zur Risikooptimierung, berg&steigen 1/01, Österreichischer Alpenverein.